Spitzenkandidaten im Europawahlkampf 2014

von Heidi Schulze

In ihrer Masterarbeit hat die ehemalige IfK-Studentin Heidi Schulze die Darstellung der pan-europäischen Spitzenkandidaten in der nationalen Wahlberichterstattung in den drei Ländern Deutschland, Frankreich und im Vereinigten Königreich international vergleichend untersucht. Wissenschaftlich betreut wurde die Abschlussarbeit durch Prof. Dr. Wolfgang Donsbach und Dr. Anna-Maria Schielicke. Die für diese Arbeit sehr umfangreiche Codierarbeit der Zeitungsartikel wurde von externen Codierern durchgeführt und durch den Förderverein finanziell im Umfang von 300€ bezuschusst.
Für die Unterstützung möchte die Autorin dem Förderverein ihren großen Dank aussprechen, da dieser das Forschungsvorhaben erst ermöglicht hat. Ein auf Basis der Arbeit entstandener Artikel befindet sich derzeit im Review-Verfahren für ein Journal.

8 Fraktionen, 28 Mitgliedsstaaten, 507 Millionen EU-Bürger – doch die alle fünf Jahre stattfindenden Wahlen zum Europäischen Parlament (kurz: Europawahlen) werden von Wählern, nationalen Politikern und Massenmedien gleichermaßen lediglich als nationale Nebenwahlen, wenn überhaupt wahrgenommen. Seit der ersten Europawahl im Jahr 1979 sinkt die Wahlbeteiligung stetig, wodurch letztlich die demokratische Legitimität des Europaparlaments zunehmend in Frage zu stellen ist. Mit dem Ziel dies zu ändern, wurden zur Europawahl 2014 (22. – 25. Mai 2014) erstmals pan-europäische Spitzenkandidaten nominiert, die die Wähler durch einen europaweiten Wahlkampf direkt ansprechen und zum Urnengang mobilisieren sollten. Nominiert waren Jean-Claude Juncker (CDU/CSU u.a.), Martin Schulz (SPD u.a.), Guy Verhofstadt (FDP u.a.) Ska Keller/José Bové (Grüne), Alexis Tsipras (Linke).

Basierend auf dieser Entwicklung hat Frau Schulze untersucht, inwiefern die strukturelle Neuerung der Spitzenkandidatennominierung in der Berichterstattung zur Europawahl berücksichtigt wurde und in welchem Zusammenhang diese mit der Bekanntheit der Kandidaten innerhalb der Bevölkerung stand. Analysiert hat sie dies mittels einer länderübergreifenden, quantitativen Inhaltsanalyse der Europawahlberichterstattung, in den meinungsführenden Tageszeitungen der drei einflussreichsten EU-Mitgliedsstaaten, Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich. Zur ergänzenden Erklärung der Inhaltsanalysedaten, hat sie Befragungsdaten aus der European Election Voter Study 2014, einer repräsentativen Nachwahlbefragung aller EU-Bürger herangezogen.

Die Analyse der Berichterstattung offenbart enorme länderspezifische Unterschiede in Berichterstattung hinsichtlich Sichtbarkeit, Inhalt, Tonalität und Spitzenkandidatenpräsenz. Vor allem im Vereinigten Königreich wurde kaum über die Europawahl berichtet. Trotz ihrer Bedeutung, waren die Spitzenkandidaten in der deutschen, französischen und britischen Berichterstattung kaum präsent. Über die zwei bekanntesten Kandidaten Juncker und Schulz wurde am häufigsten und umfangreichsten berichtet. Jedoch waren auch diese, gemessen an ihrer Bedeutung im Wahlkampf, stark unterrepräsentiert. Der inhaltliche Fokus der Berichterstattung konzentrierte sich vielmehr auf nationale Politiker und Parteien.

Entsprechend sehr gering war der Einfluss der Berichterstattung – untersucht anhand der Tageszeitungsnutzung – auf die Kenntnis der Spitzenkandidaten innerhalb der wahlberechtigten Bevölkerung. Ein auf der Präsenz der Spitzenkandidaten basierender, mobilisierender Effekt der Tagesberichterstattung ist demzufolge nicht zu erkennen. Die an die Nominierung der Spitzenkandidaten geknüpften Hoffnungen, spiegeln sich in der Zeitungsberichterstattung nicht wider.

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